Fraktionserklärung Klimabericht NettoNull 2050

Zum Abschluss der rund 20-stündigen Debatte rund um den Klimabericht des Kantons Luzern für NettoNull 2050 im Luzerner Kantonsrat hielt ich die Fraktionserklärung namens der GRÜNEN. Die Erklärung beinhaltet eine Einordnung, was wir in der Luzerner Klimapolitik bereits erreicht haben und welcher Weg noch vor uns liegt.

Die Video-Aufzeichnung des Votums vom 21. März 2022 findet sich unter diesem Link (mit Zeitstempel).

Herr Präsident, geschätzte Kolleginnen und Kollegen

Wir haben gerade einen Meilenstein in der Luzerner Klimapolitik gesetzt: Als Kanton haben wir uns damit befasst, wie wir die grösste Herausforderung dieses Jahrhunderts angehen wollen. Wie wir die Klimakrise bekämpfen, die Lebensgrundlagen unseren Planeten sichern – und uns trotzdem mit einer erhitzten Welt arrangieren. Auf diesen Meilenstein und die Arbeit, die darin eingeflossen ist, darauf dürfen wir auch ein bisschen stolz sein.

Wir haben zusammen die ersten Schritte auf einem langen Weg unternommen. Aber wir müssen uns auch bewusst sein: Das absolvierte Teilstück ist klein im Vergleich zu dem Wegstück, das noch auf uns wartet, bis wir im Einklang mit den Grenzen unseren Planeten leben und wirtschaften können.

Heute schreiben wir den 21. März. Am 25. Februar, vor dreieinhalb Wochen, fiel der letzte Tropfen Regen in der Stadt Luzern. In diesem Monat März blieben die Regenbecher bisher ausnahmslos leer. Und wenn man sich die Prognosen für die nächsten, letzten März-Tage anschaut, so könnte dieser März 2022 ein Monat ohne einen Millimeter Niederschlag in Luzern bleiben. Die vielen Landwirtinnen und Landwirte in unserem Kanton können ihnen sagen, was eine lange Trockenheit bedeutet, und wie sich das Klima in den letzten Jahren verändert hat.

Für die Klimakrise brauchen wir nicht in die Zukunft zu schauen. Wir brauchen keine extremen Wetterereignisse vom anderen Ende des Globus. Nein, die Klimakrise findet hier und jetzt statt, auch bei uns. Manchmal still wie die Trockenheit in diesem März. Manchmal laut wie die Hagelgewitter im letzten Juni.

Wie es jetzt, in den nächsten Monaten und Jahren, weitergeht, ist entscheidend. Aus Sicht der GRÜNEN und Jungen Grünen wäre es jetzt der grösste Fehler, sich nun zurückzulehnen und zu sagen: 2050 ist noch weit weg, und irgendwann werden wir dank Technologien ohne grosse Anstrengung netto null erreichen. Das Budget an CO2, das unsere Atmosphäre noch verträgt, könnte innerhalb der nächsten Jahre schon aufgebraucht sein. Jedes Zehntelgrad Erwärmung, das wir in den nächsten Jahren verhindern, wird sich mehrfach auszahlen – für die Natur, aber auch ein bisschen für unser Portemonnaie. Es braucht eine schnelle Absenkung der Emissionen. Das ist keine Ideologie, sondern Naturwissenschaft. Und Finanzbuchhaltung. Leider ist dies im Klimabericht nicht genügend anerkannt, dass es einen schnellen Absenk-Pfad und die nötigen finanziellen Investitionen braucht, um problematische Kipppunkte im Klima zu verhindern. Wir GRÜNE werden den Bericht nicht in zustimmendem Sinne zur Kenntnis nehmen, sondern neutral. Wir sind ambivalent. Mein folgender Ausblick wird zeigen, dass wir gewisse Leitplanken für die nächste Zeit, die wir nun im Klimabericht gesetzt haben, zukunftsfähig finden – andere weniger.

Schauen wir also voraus – denn nun geht es darum, dass wir uns schnell an die Umsetzung des Klimaberichts machen müssen. Gemeinsam wollen wir schnell die Gesetzesänderungen anpacken – wir haben das bekräftigt, indem wir bald Vorlagen zu den Revisionen des Energiegesetzes, des Planungs- und Baugesetzes und des Steuergesetzes verlangen. Leider haben wir es nicht gewagt, ambitionierte Ziele für einen emissionsarmen Verkehr zu setzen – dabei wäre das einer der grössten Hebel in unserem Kanton. Auch müssen wir es schaffen, unsere Landwirtschaft mitzunehmen in eine veränderte Zukunft – nicht nur die natürlichen Grundlagen verändern sich durch den Klimawandel, auch der Konsum wird sich verändern. Die Landwirtschaft hat den Schlüssel in der Hand, unsere Lebensgrundlagen der Zukunft zu schaffen. Wir Grüne und Junge Grüne möchten gerne Hand bieten, hier gemeinsam Lösungen zu finden – dies bedingt allerdings, dass sich alle aufeinander zu bewegen.

Als Lebensgrundlage brauchen wir neben einer Senkung der CO2-Emissionen auch eine intakte Biodiversität. Wir vergessen diese Aspekt vor lauter Zählung von Tonnen CO2 allzu leicht. Aber die Klimakrise ist auch eine Biodiversitätskrise. Leider fristet dieses Thema im Klimabericht ein Schattendasein. Diese Hausaufgabe verbleibt in der Pendenzenliste unseres Kantons, und wir werden nicht zögern, ihn daran zu erinnern.

Die Energiewende haben wir heute hier drin bestätigt. Die Zukunft liegt bei den Erneuerbaren Energien, da sind wir uns fast alle einig.

Und trotzdem zögern wir, leider – obwohl wir in den letzten Monaten gemerkt haben, wie dringlich dieser Ausbau ist. Zuletzt hat uns der Ukraine-Krieg dies vor Augen geführt: Erneuerbare Energien sind auch Friedens- und Freiheitsenergien. Rohstoffe sind sehr oft der Gegenstand oder ein wichtiger Bestandteil von kriegerischen Auseinandersetzungen. Mit Ausnahme von Norwegen sind alle, alle Länder, von denen wir fossile Energien beziehen, autoritäre Staaten. Wir schonen das Klima, wir stärken unsere Unabhängigkeit, Frieden und Demokratie, je schneller wir unsere Energieversorgung fossilfrei gestalten. Wir GRÜNE und Junge Grüne verlangen, dass wir nun nicht alle Hebel in Bewegung setzen für einen noch schnelleren Ausbau der Solarenergie in der Schweiz. Jedes besonnte Dach in der Schweiz braucht eine Solaranlage – wir freuen uns auf eine schnell vorliegende Botschaft zur Anpassung des Gesetzes, wie die Regierung dies hier angekündigt hat.

Den Weg in eine Welt, welche gegen die Klimaerhitzung kämpft und sich gleichzeitig ihr anpasst, können wir in der Politik nicht alleine gehen. Wir müssen die Bevölkerung mit ihren Ängsten und Bedürfnissen ernst nehmen, und wir dürfen nicht einfach die Kosten uneingeschränkt auf sie abwälzen. Klimaschutz geht nur sozial – ansonsten ist er nicht akzeptiert. Deshalb ist es wichtig, dass wir die soziale Verträglichkeit nicht aus den Augen verlieren.

Ich werde in dieser Fraktionserklärung nicht mehr länger. Denn es ist jetzt genug geredet. Es ist Zeit, zu handeln. Die Klimakrise ist jetzt und hier und der Weg noch lang.

Wir messen die Regierung und unseren eigenen Rat an ihren Taten, die jetzt folgen werden.

Zusammen müssen wir uns dieser Herausforderung stellen, zusammen müssen wir es schaffen, die Lebensgrundlage unseres Planeten zu sichern.  Es gibt keinen Planeten B.

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